Hellsehen: Geschichte und Tradition bayerischer Zukunftsvisionen
Bayern hat eine lange Tradition der Hellseherei und des Wahrsagens. Kaum ein anderes Bundesland kann sich auf derart viele prominente Hellseher berufen wie der Freistaat. Grund genug, einmal einen Streifzug durch die spannende Geschichte der bayerischen Hellseherei zu unternehmen – und wenn auch keinen Blick in die Zukunft, so doch wenigstens einen auf die Gegenwart des Hellsehens zu werfen.
Mühlhiasl: „Der Waldprophet“
Ein besonders prominenter Hellseher aus Bayern ist vor allem für seine genauen Vorhersagen von Kriegen bekannt geworden: Der „Waldprophet“ Mühlhiasl soll bis 1805 in Niederbayern gelebt haben und hellsichtig gewesen sein. Er stammte angeblich aus Apoig, das heute zur Gemeinde Hunderdorf im niederbayerischen Landkreis Straubing-Bogen gehört. Straßennamen und Hinweistafeln zeigen, dass Mühlhiasl in der Erinnerungskultur dieser Region verankert ist. Unvergessen sind seine erstaunlich zutreffenden Zukunftsvisionen, beispielsweise seine Vorhersage des Ersten Weltkriegs mit den Worten: „Wenn der eiserne Hund durch den Vorderwald bellt, fängt der große Krieg an.“ Deutet man den „eisernen Hund“ als Dampflokomotive, ergibt sich eine erstaunliche Parallele: Das Mittelstück der bayerischen Vorwaldbahn wurde am Vorabend des Ersten Weltkriegs eingeweiht. Weitere Aussagen von Mühlhiasl werden heute als Vorankündigungen des Klimawandels, der Einführung des Euro oder eines großflächigen Waldsterbens in Bayern – etwa durch Baumkrankheiten oder den Borkenkäfer – gedeutet.
Alois Irlmaier: Hellsichtiger Brunnenbauer
Für Aufsehen in der jüngeren bayerischen Geschichte sorgte der Bauernsohn und spätere Brunnenbauer Alois Irlmaier. In einer kleinen Baracke nahe des Freilassinger Bahnhofs beriet er Ratsuchende. Der Andrang vor Ort wurde mit der Zeit immer größer. Zudem flatterten regelmäßig zahlreiche Briefanfragen in seinen Postkasten. Sogar Altbundeskanzler Konrad Adenauer soll regelmäßig Rat bei Irlmaier gesucht haben. Wie bei der Süddeutschen Zeitung zu lesen ist, soll Adenauer ihn mehrmals in das Luxushotel „Bühlerhöhe“ im Schwarzwald eingeladen haben. Was bei diesen Treffen besprochen wurde, ist hingegen nicht überliefert. Dem Artikel zufolge soll Irlmaier einem Bekannten lediglich gesagt haben: „Na, des musst versteh‘, des darf i nit sagn.“ Bekannt wurde Irlmaier auch für seine Vision von einem dritten Weltkrieg, die nur allzu sehr die Ängste der Menschen zu Zeiten des Kalten Krieges widerspiegelte.
Hellsehen in der Gegenwart
Heutzutage sind prominente Dorf-Hellseher wie der Mühlhiasl oder Alois Irlmaier selten geworden. Hellseherei gibt es aber noch immer: Anstatt Kriege vorherzusagen, dient sie heutzutage in erster Linie einer spirituellen Lebensberatung. So kann man sich beispielsweise bei Viversum online über Hellsehen informieren und eine Lebensberatung in Anspruch nehmen. Dabei erhalten Ratsuchende individuelle Hilfe und Inspiration. Die Hilfsmittel der heutigen Hellseher zeugen dabei von einer großen Vielfalt: Von Karten über Kristallkugeln bis zu Runen ist das Spektrum seit Beginn der Hellseherei in Bayern keinesfalls kleiner geworden. Für einfache Ja-Nein-Fragen eignen sich auch Pendel.
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